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Warum für mich „1815 - Blutfrieden“ mein bisher wichtigstes Buch ist |
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Seit Erscheinen von „1815 - Blutfrieden“ erhielt ich Mails und Briefe von Lesern aus vielen Teilen Deutschlands, aus Belgien, Russland, der Schweiz und Australien, die mir Sätze schrieben wie: „Ihr Buch hat mich zutiefst bewegt.“ - „Ich habe es in einer Woche durchgelesen und konnte es kaum aus der Hand legen.“ - „Danke, dass Sie uns eine Zeit lebendig machen, über die wir im Geschichtsunterricht kaum etwas gehört haben!“
Kollektives Vergessen? Oder Tabu? Wir Deutschen und unsere Geschichte Schon die Völkerschlacht bei Leipzig ist nach meinem Empfinden trotz des Gedenkjahres 2013 unterrepräsentiert in unserem Geschichtsbewusstsein. Aber die Zeit zwischen Völkerschlacht und Waterloo scheint fast völlig aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden, selbst in Städten, die schwer betroffen waren von Schlachten, Bombardements, Plünderungen und Typhus.
Ein Blick in die Schreibwerkstatt Wie für den Vorgänger gilt auch für dieses Buch, dass die meisten der handelnden Personen tatsächlich gelebt haben und ich ihren Lebensläufen Tag für Tag folge. Viele der unglaublich erscheinenden Details entnahm ich Augenzeugenberichten - wie denen des Leipziger Totengräbers Ahlemann oder des Arztes Dr. Reil. Ich habe mir erlaubt, diese Zeitzeugen durch meinen Roman laufen zu lassen und ihnen in Interaktion mit Henriette und anderen Figuren die Möglichkeit zu geben, ihr Erleben mit uns zu teilen.
Auf der Suche nach Wahrheit Etwas ganz anderes sind Zitate nach Memoiren, insbesondere Napoleon und sein Umfeld betreffend. Hier blühen die Legenden, nicht wenige von ihm selbst erschaffen, gibt es von jeder einzelnen Episode unzählige Varianten, die immer wieder weitererzählt werden. Wie bei allen anderen Quellen muss man schauen: Wer hat´s erzählt, wann hat er es aufgeschrieben, und welchem Augenzeugen darf man am ehesten trauen? Vieles werden wir heute nie mehr genau herausfinden. Dafür wurde seit zweihundert Jahren zu sehr an diesem Thema verbogen, gelogen, manipuliert und glorifiziert. |
Romanfiguren ganz klein und ganz groß |
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Mit meiner wunderbaren Lesergemeinde erlebe ich immer wieder die erstaunlichsten und großartigsten Dinge. So sind dank begeisterter Fans wieder einige meiner Romanfiguren quasi aus den Seiten gestiegen und haben eigene Form angenommen - so wie es schon bei Marthe und ihren Gefährten geschah (siehe unten: Button "Romanfiguren lebensgroß in Holz gesägt").
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![]() ![]() Fotos: Jan Meyer, Irek Baischew |
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Lebenslinien: Was wurde nach Waterloo aus den Akteuren jener Zeit? Napoleon Bonaparte wurde auf Beschluss der Alliierten auf die britische Atlantikinsel St. Helena verbannt, wo er am 18. Oktober 1815 an Land ging. Dort verfasste er seine Memoiren, um an seiner Fama weiterwirken zu können, und starb am 5. Mai 1821. Das sich hartnäckig haltende Gerücht, er sei vergiftet worden, lässt sich nach medizinischen Untersuchungen nicht halten. Maria-Louise, seine Frau, suchte nie wieder Kontakt zu ihrem verbannten Gemahl, auch nicht zu ihrem gemeinsamen Sohn. Sie bekam mehrere Kinder vom Grafen von Neippberg, mit dem sie nach Napoleons Tod eine morganatische Ehe einging. Fünf Jahre nach dessen Tod heiratete sie ein drittes Mal und starb 1847 in Parma. Sie ist in der Kaisergruft in Wien beigesetzt. Zar Alexander von Russland führte nach seiner Rückkehr nach Russland strengste Zensur und Überwachung ein. Verbittert und überall Verschwörungen witternd, starb er Ende 1825 in Taganrog. Wenige Tage später rebellierten Offiziere der Petersburger Garderegimenter gegen autokratische Zarenherrschaft, Leibeigenschaft und Polizeiwillkür - der Dekabristenaufstand, der seine Wurzeln auch in dem hatte, was viele russische Offiziere während der Feldzüge in Europa erlebt hatten. Friedrich Wilhelm III. von Preußen zögerte weiter, die versprochen Reformen durchzusetzen. Doch er förderte Kunst und Kultur in Berlin. Zu aller Überraschung fand er noch einmal privates Glück in einer morganatischen Ehe mit Auguste von Harrach, die er zur Fürstin von Liegnitz erhob. Friedrich August von Sachsen wurde bei seiner Rückkehr ins Land euphorisch gefeiert und verehrt, obwohl seiner Herrschaft immer konservativer wurde und er jegliche Neuerung in Verfassung und Verwaltung ablehnte. Da Friedrich August keinen Erben hatte, übernahm nach seinem Tod 1827 sein in Regierungsgeschäften völlig unerfahrener, nun schon über siebzigjähriger Bruder Anton die Herrschaft, bis er nach Unruhen gezwungen wurde, seinen Neffen Friedrich-August zum Mitregenten zu ernennen. 1831 wurde Sachsen zur konstitutionellen Monarchie. Auguste Charlotte Gräfin von Kielmannsegge konvertierte 1822 zum katholischen Glauben, wie es ihr Napoleon geraten hatte, bemühte sich vergeblich, ihn in der Verbannung zu besuchen, und trug nach dem Tod Napoleons nur noch Schwarz. Ihr früherer Mann, Ferdinand Graf von Kielmannsegg, fand nach der Scheidung neues Liebesglück und heiratete 1818 Davide Magdalena von Heidemann, die ihm zwei Söhne und drei Töchter schenkte. Er wurde zum General befördert und war von 1840 bis 1847 Kriegsminister des Königreiches Hannover. Johann Adolph Freiherr von Thielmann wurde Kommandierender General in Koblenz. Er starb als General der Kavallerie im Oktober 1824 an den Spätfolgen des Russlandfeldzuges; davon hatte er sich gesundheitlich nie ganz erholt. In seinen letzten Lebensjahren schloss er Freundschaft mit dem Freiherrn vom und zum Stein und machte auch seinen Frieden mit dem sächsischen König. Er ist auf dem Hauptfriedhof in Koblenz begraben. Sein Torgauer Generalstabschef Ernst Ludwig Aster wurde einer der bedeutendsten Festungsbauingenieure seiner Zeit. Sein Büro in der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz ist erhalten und kann besichtigt werden. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, wurde zum General der Infanterie ernannt und 1844 in den Adelsstand erhoben. Carl von Clausewitz, Thielmanns Generalstabschef auf dem 1815er Feldzug, wurde 1818 zum Generalmajor ernannt und damit der jüngste General der preußischen Armee. Doch wie alle liberalen Reformer - z.B. auch Gneisenau - wurde er während der Restauration auf wenig einflussreiche Posten versetzt. Von Clausewitz wurde zum bedeutenden Militärtheoretiker und -ethiker; besonders bekannt ist heute noch seine Feststellung, der Krieg sei die Fortsetzung der Politik mit militärischen Mitteln. Er starb 1831 im Alter von 51 Jahren. Seine Witwe veröffentlichte seine Schriften posthum auf eigene Kosten. Friedrich August Peter von Colomb nahm 1849 als General der Kavallerie seinen Abschied vom Militär und verfasste kurz vor seinem Tod 1854 sein Tagebuch über seine Erlebnisse 1813 bis 1815, das posthum veröffentlicht wurde. Nach dem Tod seiner ersten Frau 1822 heiratete er 1824 erneut. Sein Sohn Enno wurde preußischer Generalleutnant. Peter von Colomb ist auf dem Alten Garnisonsfriedhof in Berlin-Mitte begraben, ebenso wie seine im Roman erwähnten Zeitgenossen Ludwig von Borstell (1773-1844, das Grab ist nicht mehr erhalten), Ludwig Adolf Wilhelm von Lützow (1782-1834) und Ernst Ludwig von Tippelskirch (1774-1840). Wilhelm Freiherr von Humboldt geriet nach dem Wiener Kongress immer heftiger mit dem Staatskanzler Fürst von Hardenberg in Konflikt, der versuchte, ihn kaltzustellen. Sein Protest gegen Polizeiwillkür und "Demagogen-Verfolgungen" im Zuge der Restauration brachte ihm Ende 1819 die Entlassung aus Staatsdiensten. Er widmete sich nun ganz Kunst und Kultur, ließ Schloss Tegel durch Karl Friedrich Schinkel zu einem Glanzstück des Klassizismus umbauen, gründete hier das erste preußische Antikenmuseum und engagierte sich bei der Einrichtung des Alten Museums. Zugleich intensivierte er seine sprachwissenschaftlichen Studien und begründete die vergleichende Sprachforschung. Ernst Otto Innocenz Freiherr von Odeleben veröffentlichte seine Erinnerungen "Napoleons Feldzug in Sachsen im Jahr 1813", die heute noch als wertvolle, authentische Quelle gelten, arbeitete als Geodät und starb 1833 in Dresden. Carl Heinrich Reclam, Leipziger Buchhändler, starb 1844. Sein Sohn Anton Philipp Reclam richtete mit vom Vater geborgten Geld in der Grimmaischen Straße eine Leihbibliothek ein, die er Literarisches Museum nannte und aus der 1828 der Verlag des Literarischen Museums hervorging. Er kaufte eine Druckerei und begann später die Herausgabe der Reclamschen Universal-Bibliothek mit Werken von Klassikern. Goethes "Faust" bildete den Auftakt. Johann Christoph Friedrich Gerlach, Buchdrucker, Buchhändler und Zeitungsherausgeber aus Freiberg, starb 1820. Sein Enkel Heinrich Gerlach gründete 1860 den Freiberger Altertumsverein zur Erforschung der Geschichte und Denkmalpflege, einen der ersten seiner Art in Sachsen. Leopold Kell aus Weißenfels, zur Zeit der Romanhandlung erst drei Monate alt, wurde Buchdrucker wie sein Vater und in späteren Jahren Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung. Nach ihm ist heute ein Straße in Weißenfels benannt. Constantin Beyer, Buchhändler und Chronist, starb 1829 als Junggeselle von 67 Jahren in seiner Heimatstadt Erfurt. 1821 veröffentlichte er seine mehrbändige "Neue Chronik von Erfurt" über die Ereignisse zwischen 1736 bis 1815, ein außerordentlich detailreiches Werk. Grundlage dafür waren seine über Jahrzehnte hinweg geführten Tagebücher. Das Rätsel um seine akribisch aufgelisteten Damenbesuche, bei denen er nie einen Namen preisgab, ist bis heute ungelöst. Carl Bertuch, Schriftsteller und Redakteur des Journals des Luxus und der Moden aus Weimar, war nur sehr wenig Zeit nach seiner Rückkehr vom Wiener Kongress beschieden. Er starb noch nicht einmal achtunddreißigjährig am 5. Oktober 1815. Sein Tagebuch vom Wiener Kongress erschien erst reichlich hundert Jahre später, ist aber ein außerordentliches kulturhistorisches Zeugnis. Anmerkung: Natürlich konnte ich hier vieles nur streifen und hätte noch bedeutend mehr Namen auflisten können. Aber Persönlichkeiten wie Metternich entziehen sich einer Beschreibung in ein oder zwei Sätzen. Dies gilt auch für das politische Wirken der Monarchen. |
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