Ich möchte Lesern deutsche Geschichte lebendig machen


Geboren bin ich 1958 in Aschersleben, aufgewachsen in Berlin, doch nach dem journalistischen Volontariat in Magdeburg und dem Studium der Lateinamerikawissenschaften/ Sprachwissenschaften in Rostock verschlug es mich in die sächsische Silberstadt Freiberg. Hier arbeitete ich als freie Journalistin, gründete 1990 die erste unabhängige Zeitung und veröffentlichte auch mehrere Sachbücher über meine Wahlheimat. Als ich nach Freiberg kam, hat mich sehr beeindruckt, wie stark die Menschen hier mit ihrer Geschichte verwurzelt sind. Und irgendwann kam der Moment, an dem ich dachte: Diese Geschichte der Siedlerzüge und der ersten Silberfunde - das ist solch ein packender Stoff, das sollte man auch einmal anders erzählen als nur in trockenen Aufsätzen mit Fußnoten und Quellenverzeichnis. 

Also beschloss ich, diese Geschichte in einem Roman zu verarbeiten. Oder zumindest den Versuch zu wagen - neben meiner journalistischen Arbeit; am Feierabend, am Wochenende, im Urlaub. Damals glaubte ich noch, den von Anfang an auf dreißig Jahre konzipierten Handlungsbogen in einem Buch unterbringen zu können. Nach 650 Seiten war ich gerade einmal drei Jahre weit in der Handlung vorangekommen, so dass die Einsicht in mir reifte, den Stoff doch besser auf mehrere Bücher zu verteilen.
Fünf Jahre habe ich am ersten Band gearbeitet, der Ende 2006 im Verlag Droemer Knaur unter dem Titel „Das Geheimnis der Hebamme“ erschien. 
Dann überschlugen sich die Ereignisse. Mein Romandebüt wurde zum Überraschungserfolg. 
Inzwischen ist "Das Geheimnis der Hebamme" auch als ARD-Event-Zweiteiler verfilmt und in einer großartigen und sehr erfolgreichen Theaterfassung der Landesbühnen Sachsen auch auf die Bühne gebracht.

Nach den fünf „Hebammen-Bänden“ und  „Blut und Silber“ vertiefte ich mich in die Zeit der Völkerschlacht bei Leipzig. Die Anregung dazu kam direkt aus Leipzig, vom Verband Jahrfeier Völkerschlacht bei Leipzig 1813. Auf „1813 - Kriegsfeuer“ folgte "1815 - Blutfrieden“, beides Werke, für die ich ca. 50.000 Seiten Quellen gelesen habe und extra nach Leipzig gezogen bin.

Für die  Pentalogie „Schwert und Krone“ kehrte ich ins Mittelalter zurück, schrieb über den Aufstieg Friedrich Barbarossas.

„Die zerbrochene Feder“ schildert die drückende Zeit der Restauration. 
Und in Arbeit habe ich derzeit eine neue Reihe über das 13. Jahrhundert. Der erste von voraussichtlich drei Bänden, "Der Silberbaum - Die siebente Tugend" ist bereits erschienen.

Bei den Recherchen lese ich tausende Seiten Quellen und arbeite ich mit Historikern und Kartografen zusammen, die mich dankenswerterweise ihrem Fachwissen teilhaben lassen.

Inzwischen lebe ich in Dresden. Dass alle meine bisher erschienenen Romane  den schmeichelhaften Aufkleber „Bestseller“ tragen, ist ein Erfolg, den vor allem die Leser und Buchhändler gemacht haben. Danke!


Foto: Franziska Pilz

Blick in die Schreibwerkstatt

Ein Jahr oder länger brauche ich für einen Roman - schneller geht es nicht. Ich betreibe umfangreiche Recherchen, die mehr als ein Drittel meiner Zeit dafür in Anspruch nehmen, lesen zehntausende Seiten Quellen, erforsche manchen praktischen Aspekt des Lebens in früheren Zeiten mit „Living History“ in Reenactmentgruppen. Große Unterstützung erfahre ich durch Historiker, die mich beraten, meine Fragen beantworten, mit mir über wahrscheinliche Varianten diskutieren, wenn die Quellen widersprüchlich sind - und das sind sie meistens. Dafür bin ich überaus dankbar. Doch dieses Privileg muss man sich erst einmal verdienen. Im Laufe der Jahre gesellte sich auch noch ein Kartographieprofessor  in die Beraterrunde, der seit „Schwert und Krone“ historische Karten zu jedem meiner Bücher erstellt. Zusammen mit Zeittafeln, Glossar und genealogischen Tafeln bilden diese ein bei vielen Lesern geschätztes Zusatzmaterial meiner Bücher. 

Bevor ich beginne zu schreiben, habe ich mir schon einen Überblick über die historischen Ereignisse verschafft, um die es gehen soll, gleiche Zeitlinien mit den Aktivitäten „meiner“ historischen Figuren ab, konstruiere die Geschichte. Überraschungen beim Schreiben sind aber nie ausgeschlossen. Dafür sind die Quellen viel zu ergiebig und inspirierend, man findet noch so viel, das unbedingt einfließend muss. 
Meine Romane sind keine Fachbücher, sie sind Fiktion. Vieles - wie zum Beispiel die Dialoge - muss ich erfinden und darf das auch. In allererster Linie muss ich den Lesern eine spannende Story bieten und Charaktere zum Mitfiebern bieten, die man leidenschaftlich lieben oder hassen kann. Doch ich möchte, dass auch ein Historiker zufrieden ist, wenn er mein Buch liest.

Ich feile auch sehr viel am Text, damit die Sprache zur Epoche passt. Natürlich schreibe ich nicht auf Mittelhochdeutsch, das würde keiner verstehen. Aber ich achte sehr darauf, dass keine Begriffe in den Text gelangen, die nicht in die Zeit passen. So kann sich eine Dame im 12. Jahrhundert nicht in Samt und Seide hüllen, weil Samt damals noch nicht erfunden war. Im Mittelalter werden bei mir auch keine Babys geboren, sondern Säuglinge, und die Ritter gehen nicht trainieren, sondern üben. Prinzip verstanden?

Am Anfang des Arbeitsprozesses steht immer die Fachliteratur. Dabei erarbeite ich mir ein Diagramm wie hier dieses für den "Silberbaum". In der Horizontalen die Jahreszahlen, in der Vertikalen die historischen Persönlichkeiten. So habe ich den Überblick, wer wann wo war, wer wen getroffen hat und welche wichtigen Ereignisse es gab. Danach entscheide ich, was sich gut in einer Szene umsetzen lässt und habe also immer die Fakten und die Zeitlinie im Blick. 

Das Diagramm reicht natürlich nicht, wenn es beim Schreiben ins Detail geht. Dann liegt um mich herum in Griffweite ausgebreitet, was ich für die nächsten Szenen brauche. Das wird ständig ausgetauscht, wenn meine Handlung voranschreitet. Für die Völkerschlachtromane habe ich ca. 50.000 Seiten Quellen gelesen: Augenzeugenberichte, alte Zeitungen, Biografien, Briefe, Tagebücher.
So viel kann sich keiner merken - deshalb solche Stilleben zum Nachschlagen.

Übersetzt in fünf Sprachen

Meine Romane sind inzwischen in fünf Sprachen erschienen: auf Polnisch, Tschechisch, die ersten "Hebammen"-Bände auch auf Litauisch, Ungarisch und Albanisch. Darüber hinaus bekomme ich Fanpost aus aller Welt von deutschen Auswanderern. In London und Novotscherkessk gibt es sogar Buchclubs, die meine Romane gemeinsam auf Deutsch lesen. Das freut mich natürlich sehr.

Bei internationalen Buchmessen in Krakow und Vilnius hatte ich Gelegenheit zu sehr bewegenden Begegnungen mit meinen überraschend großen Lesergemeinden in Polen und Litauen. Hier die zwei der sehr schön gestalteten Ausgaben der „Hebammen“-Reihe des polnischen Verlags Sonia Draga. 

Den Erfolg teilen: Unlängst übergab ich eine Auswahl der tschechischen und polnischen Ausgaben meiner Romane an die Zentralbibliothek im Kulturpalast Dresden, wo gerade kleine fremdsprachige Abteilungen entstehen. Das Geschenk wurde dankbar angenommen und wird rege genutzt. Foto: Städtische Bibliotheken Dresden

Kleine Auswahl tschechischer Ausgaben meiner Romane. Es gibt in diesen Büchern ja auch viele Bezüge zur tschechischen Geschichte.

Die "Hebammen-Reihe" in vier Sprachen. Von den ungarischen Ausgaben habe ich leider keine Belege erhalten.

Geschichte erleben und Freunde finden im Reenachtment

Ein schöner Aspekt meines Lebens als Schriftstellerin ist für mich, durch die Romane mit Gruppen in Verbindung gekommen zu sein, die sich aktiv mit Geschichte befassen. Der erste Kontakt zur "Mark Meißen 1200" (damals eine Interessengemeinschaft, inzwischen ein Verein - www.mark-meissen-1200.de) aus Dresden kam durch eine Fanmail zustande. Dann luden sie mich zum Historienspiel auf Schloss Wolkenstein im Erzgebirge ein, wir haben uns auf Anhieb verstanden. Seitdem bin ich nicht nur Mitglied der Gruppe, sondern habe dort auch Freunde fürs Leben gefunden. Wir fachsimpeln über Pfeilschussweiten und Belagerungsstrategien, kochen nach mittelalterlichen Rezepten, und außerdem bietet sich so eine gute Gelegenheit, manchen Aspekt des Mittelalters praktisch nachzuleben und sich nicht nur aus Büchern anzueignen. Es ist schon ein Unterschied, ob man nur schreibt, dass die langen weiten Ärmel der Damenbliauts zur Stauferzeit zu keiner anderen Arbeit geeignet sind als zum Sticken, oder ob man es selbst erlebt. Und wenn sich solche Kenner sich als Fans meiner Bücher outen, ist das für mich ein besonderes Lob.

Nach Abschluss der Romanreihe über Marthe und das Geschehen im deutschen Kaiserreich im 12. Jahrhundert habe ich meinen Wohnsitz nach Leipzig verlegt, um für die Recherchen zur Völkerschlacht ganz nah dran am Thema zu seinwandte ich mich dem Thema Völkerschlacht bei Leipzig 1813 zu. Die Anregung dazu kam aus Leipzig,  und auch dort hatte ich die unschätzbare Unterstützung der Reenactmentszene, insbesondere des Vereins Jahrfeier 1813 Völkerschlacht bei Leipzig e.V (www.leipzig1813.eu)., dem ich ebenfalls angehören und mit dem ich weiter in Kontakt stehe. Viele tolle Fotos und Geschichten von dieser Zusammenarbeit gibt es hier auf den Seiten 1813 und 1815.
Nahezu fünf äußerst intensive Jahre habe ich den Ereignissen zwischen Völkerschlacht und Waterloo gewidmet, für das ich ganz tief  in jene Zeit eingetaucht bin - für mich eine äußerst spannende Entdeckungsreise. Um ganz nah an den Orten des Geschehens und den Quellen zu sein, habe ich 2011 sogar meinen Wohnsitz von Freiberg nach Leipzig verlegt. Ich wusste: Dieses Buch kann ich nur dort schreiben, auch in engem Kontak mit dem Verein. 
Inzwischen bin ich thematisch ins deutsche Hochmittelalter zurückgekehrt und lebe seit Ende 2019 in Dresden.
Aber die Verbindung zur Reenachtment-Szene möchte ich nicht mehr missen. Sie werden meine Freunde auf vielen Fotos dieser website finden.

Zur Premiere von "Schwert und Krone" auf der Albrechtsburg Meißen zeigte der "Mark Meissen 1200" e.V. Mode und Kampftechniken des 12. Jahrhunderts. [email protected]

Aber wir können auch anders: Zur Freiberger Premiere von "Die zerbrochene Feder"  am 3. 11. 2021 traten der "Mark Meissen 1200" e.V. und weitere Freunde in Zivilkleidung und Uniformen auf, die zur in die Zeit der Völkerschlacht passten.

Und während ich vorlas, spielten Kristina und André auf der Bühne fürs Publikum eine Partie Schach - nicht in mittelalterlichen Gewändern wie sonst, sondern sie im Empirekleid und er in preußischer Husarenuniform von 1813.

*****

Ein Eigenleben jenseits von Bücherseiten 

 

Vieles an meinem Schriftstellerleben war unerwartet, aber das verblüfft mich immer wieder: Wie meine Romanfiguren jenseits von Bücherseiten ein Eigenleben entwickeln. 
„Das Geheimnis der Hebamme“ wurde von der ARD verfilmt und von den Landesbühnen Sachsen als Theaterfassung uraufgeführt. 
Über viele Jahre gab es in Freiberg Stadtführungen auf Marthes Spuren, an denen insgesamt zwanzigtausend (!!!) Besucher teilnahmen. 
Meine Henriette aus „1813 - Kriegsfeuer“ und den beiden folgenden Romanen findet sich ganz groß auf Yadegar Asisis 360-Grad-Panoramabild „In den Wirren der Völkerschlacht“ und ganz klein in einem Diaroma wieder (siehe Seite "1813"). 
Und etwas ganz Außergewöhnliches geschah 2012 beim Internationalen Husky-Cup in Blockhausen bei Mulda, den „Sauensäger” Andreas Martin ausrichtete und zu dem die weltweit Besten ihres Fachs kamen: Sie erschufen Figuren aus meinen „Hebammen”-Romanen mit der Motorsäge aus Holz – und zwar lebensgroß und zu Pferde! Die Skulpturen sind heute noch dort zu sehen. 
Hier das Siegerteam aus den USA mit dem von ihnen geschaffenen Marschall, der zum Schluss noch Schild und Lanze erhielt.   
Mehr dazu in der Galerie.                                                Foto: Detlev Müller



*****

Hobby Kostümgeschichte

Wenn man einen historischen Roman schreibt, gehört zum Basiswissen: Was trugen die Menschen in jener Zeit? Wie waren die Schnitte, aus welchem Stoff bestand die Kleidung, welche Farben konnten schon gefärbt werden? Durch meine Zugehörigkeit zu zwei Reenactmentgruppen - eine für das Mittelalter, eine für die Zeit um 1813 - habe ich dafür nicht nur bestes Anschauungsmaterial, denn wir nähen uns unsere Gewänder nach historischen Vorlagen. Ich habe selbst den halben Kleiderschrank voller solcher Gewänder. Manche schlicht und kochfest fürs Lagerleben, andere aufwendiger für die Bühne. Es ist eine Tradition bei meinen Lesungen geworden, dass ich jedes Mal ein Gewand trage, das zu der Zeit passt, in der mein jeweiliger Roman spielt. Das kommt beim Publikum gut an und ist ein schöner Einstieg, um einen optischen Eindruck zu vermitteln, was meine Romanfiguren getragen haben könnten. Die Kleider näht mir eine Freundin, die Stickereien sind von mir selbst. 

Meine Stickerei für den mittelalterlichen Bliaut, den ich zur Premiere für "Schwert und Krone" trug. Die Bilder vom fertigen Kleid könnt ihr auf der Startseite sehen. Typisch für die Kleidung adliger Damen im 12. Jahrhundert waren weite, manchmal sogar bodenlange Ärmel. Als Zierrat verwendete ich Süßwasserperlen und kleine Granatsteine.

Dieses Jäckchen gehört zu meinen Outfits für die Romane über die Völkerschlacht 1813. Eine Freundin nähte sie mir nach einem Museumsstück aus blauem Samt von 1818 aus dem Victoria and Albert Museum London - siehe oben. Die zartgrüne  Stickerei auf dem Musselinkleid stammt wieder von mir selbst.

Zur Premiere des 5. "Hebammen"-Bandes trug ich ebenfalls einen selbstbestickten Bliaut. Typisch für dieses Kleidungsstück der adligen Damen waren weite, manchmal sogar bodenlange Ärmel, ein geschlitzter Halsausschnitt, der mit einer Fibel zusammengehalten wurde, die Zierkante an den Ärmeln und die seitliche Schnürung. Knöpfe kamen erst im 13. Jhd. zurück.

Und hier seht ihr mich in diesem OutfitJäckchen samt Kleid, Hut und Sonnenschirm. Für die Premieren von "1813 - Kriegsfeuer" und "1815 - Blutfrieden" hatte ich Empirekleider aus Seide. Jäckchen gehört zu meinen Doch dieses bequeme Outfit habe ich auf sehr vielen Lesungen, Biwaks und sogar beim Picknick zum Wave-Gotik-Treffen in Leipzig getragen.