Ein Sittengemälde aus der Zeit der Restauration


In diesem Ende 2021 erschienenen Roman gibt es ein Wiedersehen mit Henriette und Felix aus meinen Büchern über die Völkerschlacht "1813 - Kriegsfeuer" und "1815 - Blutfrieden" . Leser haben mich oft gebeten, diese Geschichte weiter zu erzählen. Doch auch wenn "Die zerbrochene Feder" an beide Bücher anknüpft, wird es doch sehr anders. Diesmal gibt es weder Schlachten noch brennende Städte oder Burgen wie in den meisten meiner Romane, die Dramatik entwickelt sich aus den Konflikten der handelnden Personen in der Zeit der Restauration. Und so beginnt es: Die junge Witwe Henriette wird nachts aus dem Schlaf gerissen und muss laut Polizeierlass binnen einer Stunde Preußen verlassen. Ihre Schilderungen des Kriegsleides und Herrscherversagens vor, während und nach der Völkerschlacht haben in allerhöchsten Kreisen Missfallen geweckt. Der Oheim Friedrich Gerlach, Verleger und Buchhändler im sächsischen Freiberg, nimmt sie auf. Doch rasch merkt sie, dass sich auch hier die Zeiten geändert haben: verschärfte Zensur, die Rückkehr zum Korsett und der gesellschaftliche Druck, sich wieder zu vermählen, setzen ihr zu. Mit der Rückkehr des wie sie traumatisierten Kriegsfreiwilligen Felix Zeidler trifft sie einen Freund und Vertrauten wieder ... Gemeinsam stellen sich Felix und Henriette gegen den aufziehenden Zeitgeist und schlagen der Zensur ein Schnippchen. Es ist ein Buch darüber, wie man in bedrückenden Zeiten überlebt. Doch es gibt darin neben dramatischen Szenen auch Heiteres, Familiäres, Ironisches. Ein Hauch Jane Austen… Verlagsinfo: "Ein großer historischer Roman über eine junge Frau, die in bedrückender Zeit ihren Weg finden muss, und ein grandioses Sittengemälde aus der Zeit der Restauration."

Warum "Die zerbrochene Feder" mein persönlichstes Buch ist


Es geht um bedrückende Zeiten, um Zensur, um Bespitzelung, um Kriegstraumata. Die junge Henriette wird von einem Moment zum anderen aus Preußen verbannt und kann sich nur zu ihrem Oheim in Freiberg retten, dem Buchhändler, Verleger und Zeitungsherausgeber Friedrich Gerlach. Auch hier haben sich die Zeiten geändert. Der Druck, sich als junge Witwe wieder zu vermählen, um wirtschaftlich abgesichert zu sein - wie ihn auch die jungen Frauen in Jane Austens Romanen spüren - und die Rückkehr zum Korsett nehme ich als Symbol dafür, dass Henriette im wahrsten Sinne des Wortes keine Luft mehr zum Atmen hat. Sie findet einen Verbündeten in Felix Zeidler, und gemeinsam stellen sie sich den bedrückenden Umständen. Henriette, eine "Bücherverrückte" wie ich, setzte sich durch das Schreiben mit der Welt auseinander und verarbeitet Erlebtes. Auch wenn ihr als Frau immer wieder die Fähigkeit zu Schreiben abgesprochen wird. Doch zum Schluss gelingt es ihr, den Zensoren ein Schnippchen zu schlagen. Gemeinsam mit Felix und einer Reihe bedeutender Frauen jener Zeit: einer Malerin, einer Verlegerin und Buchhändlerin, einer Intendantin. 
Es  ist mein erster Roman mit einer Art Happy End und vielen heiteren Szenen. Das Buch spielt vor 200 Jahren, doch in keinem anderen meiner Werke werden die Leser so viele Bezüge zur Gegenwart und jüngeren Vergangenheit erkennen. Manche vielleicht auch erst beim zweiten oder dritten Lesen, denn einige habe ich gut versteckt

Es war für mich auch logisch, die Zeit der Restauration aus privater Perspektive und nicht aus der Sicht von Königen und Generälen darzustellen. Ich hatte viel Freude an den Disputen im Hause Gerlach und den "Miniaturen" aus dem Alltag. Vieles davon - Gartenkonzerte, Heiratsgesuche, das Gastspiel einer Theatertruppe in Freiberg mit einem Stück von Kotzebue - habe ich übrigens den Jahrgängen 1815 bis 1820 des  Gerlachschen Wochenblatts entnommen, die im Wissenschaftlichen Altbestand der Universitätsbibliothek der TU Bergakademie Freiberg erhalten sind. Natürlich hätte ich das alles auch erfinden können. Aber zu wissen, dass sich diese Dinge damals wirklich in der Stadt zugetragen haben, macht für ich einen besonderen Reiz aus.

Furiose Lesetour mit „Die zerbrochene Feder“ – und jähes Ende

Im Gegensatz zum Vorjahr, wo wegen Corona keine Lesungen stattfinden konnten, durfte dieses Buch am 3. November 2021 seine furiose Premiere vor 350 interessierten Zuschauern in der Freiberger Nikolaikirche feiern (s. Foto). Vorangegangen war bereits eine von der SZ organisierte Gesprächsrunde zum Buch. Es folgten Lesungen in Leipzig, Gotha und Magdeburg, allesamt ausverkauft. Und nicht nur ich freute mich, wieder vor Publikum lesen zu dürfen.  
 Ich spürte deutlich, wie sehr es die Menschen genossen, endlich wieder Kulturveranstaltungen besuchen zu dürfen wie sehr sie danach dürsten. Wir hatten ein Zeitfenster erwischt, in dem das gerade noch möglich war, auch durch die umfangreichen Hygiene-Konzepte der Veranstalter, bei denen ich mich ausdrücklich bedanken möchte. Einige Impressionen davon finden Sie in der Galerie. Doch dann waren die Zahlen der Corona-Fälle so rasch und hoch gestiegen, dass die letzten drei Veranstaltungen (Chemnitz, Bischofswerda und Pirna) abgesagt werden mussten. Das bedaure ich sehr. Hoffen wir alle auf bessere Zeiten. Lesen Sie fleißig – und bleiben Sie gesund!

Im Empirekleid bei der feierlichen Buchpremiere in der Freiberger Nikolaikirche vor 350 Besuchern am 3. November.      

Foto: Eckardt Mildner